Melanie Mittermaier ist Paarberaterin und „Affärenmanagerin“. Sie ist spezialisiert auf die Begleitung von Paaren und Einzelpersonen in Beziehungskrisen, insbesondere bei Untreue. In ihrem Buch „Liebe leben“ und ihrem Podcast „Liebe Leben“ teilt sie ihre Expertise und persönlichen Erfahrungen als „Affärenmanagerin“. Was sich genau dahinter verbirgt und ob man einen Seitensprung oder sogar eine Affäre als Paar überstehen kann, verrät sie dir in diesem Interview.
Melanie, du bezeichnest dich selbst als „Affärenmanagerin“. Was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Der Begriff wurde mir mal auf einem Seminar verliehen, wo ich einen Vortrag für Gedankentanken zum Thema Fremdgehen vorbereitet habe und die anderen Teilnehmenden gesagt haben: „Krass, du bist voll die Affärenmanagerin.“ Dahinter verbirgt sich, dass ich als Paarberaterin darauf spezialisiert bin, meine Kund:innen bei allen Herausforderungen zu unterstützen, die mit Untreue, Affären, Seitensprüngen und Co. auftreten.
Ganz praktisch bedeutet das, dass ich helfe, den Scherbenhaufen aufzuräumen, der entsteht, wenn eine Affäre aufgeflogen ist oder sich jemand fremdverliebt hat.
In deinem Buch „Liebe leben“ schreibst du, dass auch Menschen in glücklichen Beziehungen fremdgehen. Warum ist das so?
Weil es dem Gehirn völlig egal ist, ob du schon in einer Beziehung bist, wenn es sich in eine weitere Person verliebt oder die Gelegenheit für spannenden, neuen Sex bekommt.
Wir sind nicht von Natur aus monogam. Biologisch gesehen macht das wenig Sinn. Die Monogamie ist kulturell entstanden. Für die Biologie ist es sinnvoll, wenn sich Menschen (ja, auch Frauen) mit unterschiedlichen Partner:innen paaren, um verschiedene Gene zusammenzubringen und so das Überleben der Menschheit zu sichern.
Kann eine Affäre eine Beziehung retten?
Nein. Eine Affäre und die daraus entstehenden Herausforderungen können Paare wachrütteln und so dazu führen, dass sie lernen müssen, die Beziehung wieder wichtig zu nehmen, sich intensiv auszutauschen und dadurch ihre Beziehung nicht nur zu retten, sondern sogar zu verbessern. Das macht aber nicht die Affäre, sondern das Paar selber.
Du sprichst von „echtem Vertrauen“ und „Pseudovertrauen“. Was meinst du damit?
Pseudovertrauen ist das blinde, naive „Vertrauen“, dass sich Partner:innen IMMER lieben, sie NIE verletzen, IMMER die Wahrheit sagen und NIE jemand anderen toll finden, oder sogar Sex mit einer anderen Person haben wollen.
Echtes Vertrauen muss aufgebaut werden, wenn das blinde Pseudovertrauen durch eine Affäre (oder eine andere Art von Betrug) zerstört wurde.
Echtes Vertrauen heißt, dass Paare damit rechnen, dass sie sich gegenseitig verletzen werden, dass ihnen bewusst ist, dass sie beide nicht perfekt sind und irgendwann auch mal Fehler machen werden. Aber sie vertrauen darauf, dass sie sich dann zusammensetzen, darüber sprechen und Verletzungen wieder reparieren können.
Was sind häufige Missverständnisse, die Paare in Beziehungskrisen haben?
Dass sie alleine damit sind, während alle anderen glücklich sind. Dass mit ihnen oder der Beziehung irgendwas nicht stimmt. Dass sie die Krise alleine meistern müssen. Dass Paarberatung bedeutet, dass es eh schon zu spät ist. Dass sich der andere verändern muss, damit es wieder gut werden kann.
Welche Rolle spielt die Kommunikation in deiner Arbeit mit Paaren?
Wenn du dir eine Beziehung wie ein Haus vorstellst, sind die verschiedenen Beziehungsbereiche, wie Sex, Nähe/Distanz, Spaß miteinander haben, Freiheit, Beziehungsziele, Zuverlässigkeit/Commitment, Zeit, Konfliktfähigkeit/Harmonie, und so weiter … die Zimmer des Hauses. Der Keller und das Fundament ist die Motivation, warum ein Paar zusammen ist und wie wohlwollend sie miteinander umgehen. Kommunikation sind die Wände. Also die Ziegel und der Mörtel, der alles zusammenhält und stützt. Also ein wichtiger Bereich.
ABER: Kommunikation heißt nicht, dass man ALLES ständig besprechen muss. Kommunikation läuft im eigenen Gehirn – über Selbstgespräche und Gedanken -, nonverbal über Körperhaltung, Sex, Zärtlichkeit und Blicke und nur zum Teil über Beziehungsgespräche.
Der Sexualpsychologe Joseph Ahlers hat es so ausgedrückt: „Der Anfang vom Ende einer Beziehung ist, wenn Paare aufhören miteinander übereinander zu sprechen.“ Nur Orga-Talk reicht auf Dauer nicht.
Was rätst du Menschen, die sich nach einer Affäre unsicher sind, ob sie bleiben oder gehen sollen?
Sich professionelle Hilfe zu suchen und den Hintern schnellstmöglich in eine Paarberatung zu bewegen. Oder eine saubere und grundsätzliche Beziehungsinventur zu machen, ohne das Drama der Affäre in den Vordergrund zu stellen, und auf Basis dieser Erkenntnisse eine sinnvolle und zielgerichtete Entscheidung zu treffen.
Was ist dein persönlicher Tipp für Paare, die ihre Beziehung stärken möchten?
Sich füreinander interessieren, dem anderen möglichst viel Wertschätzung entgegenzubringen, sehr viel miteinander zu lachen, über sich und die Beziehung reden, mit sich selbst einen guten und liebevollen Umgang zu finden und sich gegenseitig dabei zu unterstützen ein tolles Leben zu haben.
Vielen Dank für das Gespräch, Melanie!
Mehr zu ihrem Angebot findest du unter www.melanie-mittermaier.de
