Kinderkriegen, ja oder nein?

Nora Wiehler ist 36 Jahre alt, wohnt in Köln-Ehrenfeld und widmet sich dem Thema der Kinderfrage. Bei ihren Coachings geht es um die Frage: kann ich mir Kinder in meinem Leben vorstellen, ja oder nein. Sie unterstützt Menschen dabei, ihre ganz persönliche Antwort auf diese Frage zu finden. Bei den FAIL IN LOVE NIGHTS hat sie erzählt, wie ihre eigene Geschichte sie dazu geführt hat, systematische Coachin zu werden und anderen Menschen speziell in dieser Frage zu mehr Klarheit zu verhelfen. In diesem Interview verrät sie, was dir bei dieser Frage einen Anstoß geben kann. 

Tatsächlich war ich mir noch nie richtig sicher, ob ich Kinder möchte oder nicht. Ich habe immer mal wieder über die Frage nachgedacht und immer mal wieder geguckt, wie ich dazu stehe, aber wirklich den Kopf zerbrochen darüber habe ich mir erst, als ich selber in eine Drucksituation reingekommen bin. Nämlich als ich mit meinem damaligen Freund zusammen war und er plötzlich gesagt hat: Ich wünsche mir unbedingt Kinder, wie stehst du denn dazu? Dadurch habe ich gemerkt, ich bin mir so unsicher in beide Richtungen. Ich kann überhaupt keine Antwort geben. So war ich aber gezwungen mich wirklich sehr intensiv mit dieser Frage auseinanderzusetzen – weil die Beziehung auf dem Spiel stand.

Was hat dir geholfen, um zu mehr Klarheit zu kommen? 

Ich habe sehr viele Gespräche geführt und dabei war es für mich unfassbar wichtig, dass es Menschen sind, die eine sehr großzügige Haltung zu diesem Thema haben und die nicht befangen sind. Weil das Thema Kinderkriegen eines der Themen ist, wo viele einfach schon eine vorgeprägte, voreingenommene Meinung haben und diese auch ganz klar darlegen. Solche Sprüche wie „Das wirst du mal bereuen in deinem Leben“ oder „Du wirst das Beste in deinem Leben verpassen“, „Du wirst die große Liebe in deinem Leben verpassen“ sind immer noch gängige Sprüche, die man an den Kopf geknallt bekommt, wenn man sich unsicher ist oder äußert, dass man sich auch ein kinderfreies Leben vorstellen kann. Mir hat geholfen, mich davon einfach frei zu machen. Dazu habe ich mich während meiner Coaching-Ausbildung viel von meinen Coaching-Peers coachen lassen und so Stück für Stück meine eigene stimmige Antwort gefunden.

Welche Methoden habt ihr bei dir angewandt? 

Glaubenssatzarbeit ist ein großer Teil von dem, was bei dieser Frage hilft. Denn die Frage – Kinder, ja oder nein – kann sehr Glaubenssatz behaftet sein. Bei mir war es tatsächlich auch der Fall und ich hatte Glaubenssätze im Kopf wie, dass mein Leben gar kein Happy End haben wird, wenn ich mich mal gegen Kinder entscheiden werde oder dass ich tatsächlich was Wichtiges und Großes in meinem Leben verpassen werde, wenn ich es nicht schaffe, Kinder zu bekommen. Da waren ganz viele negative Glaubenssätze in meinem Kopf, die nachhaltig aufgebrochen werden mussten. In meinen Coachings gehe ich so vor, dass wir gemeinsam deine Saboteure angehen, die deine Gedanken jedes Mal sabotieren, wenn du klare Gedanken fassen möchtest und dass du diese in Ingenieure umwandelst, also in ein Denkmuster, das viel hilfreicher ist, um eine eigenständige Antwort zu finden. Denn aus einer Angst heraus eine Entscheidung zu treffen, ist nie eine gute Idee. In dieser Frage solltest du wirklich bei dir selber bleiben und positive Denkmuster entwickeln.

Du hast dich mit systematischem Coaching nun darauf spezialisiert, Frauen bei der Entscheidung zu helfen, ob sie Mutter werden möchten oder nicht. Welche Faktoren spielen bei dieser Entscheidung deiner Erfahrung nach eine Rolle? 

Die Kinderfrage ist einer der wenigen Entscheidungen, die wirklich schwarz-weiß sind. Eine Frage, die am Ende des Tages mit ja oder nein beantwortet werden will. Ich benutze hier sehr gerne die Visionsarbeit, dass man sich versucht in diesen Zielzustand des Kinderfrei-Seins oder eben in ein Leben mit Kindern hineinzuversetzen. Als nächstes stellst du dir folgende Fragen: Wie könnte das zukünftige Leben aussehen? Was sind zum Beispiel Faktoren, die dir super wichtig sind in deinem Leben und wie werden diese davon berührt? Das kann zum Beispiel deine Autonomie sein oder Reisen. Es können Hobbys sein, es können Dinge sein, die für dich unabdingbar sind. In welche Richtung verändert sich das? Und: Wenn du jetzt bei deinen Freunden oder in der Familie siehst, einige kommen in dem Bereich vielleicht nicht so gut klar, heißt das automatisch, dass es für dich auch nicht funktionieren wird oder welchen Weg könntest du für dich finden? Solltest du dich für ein Leben mit Kindern entscheiden: Wie kannst du diese Bereiche, die dir wirklich wichtig sind, immer noch aufrechterhalten? Du kannst dich fragen: Was sind wirklich die Sachen, die dein Leben so richtig bereichern? Und wie verändert sich das mit Kindern?

Welche Rolle spielen Rollenbilder?

Es ist tatsächlich gesellschaftlich noch sehr, sehr stark verankert, dass einfach die absolute Mehrheit an Frauen erstmal zu Hause bleibt und den Löwenanteil in der Kindererziehung übernimmt. Die Frau stillt, bleibt zu Hause und nimmt sich in der Arbeit zurück. Und das wird gesellschaftlich ein Stück weit erwartet. Ich höre immer, wenn es andersrum läuft, also wenn der Vater zu Hause bleibt und die Mutter weiter arbeiten geht – das ist doch eine Rabenmutter. „Wie kann man nur, das sind doch die wichtigsten Jahre von dem Kind“. Es ist gesellschaftlich ganz stark glaubensbehaftet, was es bedeutet, eine gute Mutter zu sein. 

Warum gibt es eigentlich das Wort Rabenmutter und nicht Rabenvater? Der Vaterrolle wird mit Großzügigkeit begegnet. Alles, was der Vater für sein Kind tut ist wunderbar und toll. Aber auf der Mutterseite wird die Welt erwartet. Deswegen höre ich tatsächlich viel, dass insbesondere Frauen Angst vor der Mutterrolle haben. Viele sagen, dass sich das Konzept Kinder bekommen vielleicht gar nicht so falsch anfühlt, aber dass die Mutterrolle, die einem ganz stark von der Familie, von der Gesellschaft und von Freunden in den Schoß gelegt werden kann, unglaublich belastend sein kann und somit die Entscheidung auch schwer macht.

Was kannst du Frauen mitgeben, die Angst davor haben, abgewiesen oder abgewertet zu werden, wenn sie kinderfrei sein möchten? 

Ich sag mal so, es ist ein absolutes Geschenk, wenn man seine Antwort weiß. Wenn man weiß, es ist für mich ein kinderfreies Leben zum Beispiel und ich stehe jetzt einfach dazu. Ich habe das für mich jetzt entschieden. Ja, tendenziell bekommt man eher Gegenwind, wenn man sich für ein kinderfreies Leben entscheidet. Da hilft beispielsweise die Anker-Strategien, dass man sich für den Fall von blöden Kommentaren eine für sich stimmige Antwortmöglichkeit überlegt. Man kann die Kommentare von außen leider nicht stoppen, die werden immer mal hier und da kommen. Aber ich kann mich davon abgrenzen und meine stimmige Reaktionsantwort finden. Das ist dann wie ein Muskel, der trainiert wird.

Wie viele Sitzung braucht es bei dir, an dieser Stelle zu einer Entscheidung zu kommen? 

Das ist super individuell. Wenn man einfach nur so eine kleine Denkblockade hat, die man gerne auflösen möchte, dann kann das mit drei Coaching-Sessions auch schon gut behandelt werden. Wenn man jetzt wirklich richtig im Gedankenkarussell festsitzt und nicht weiß, wie es weitergeht, man wie ein Fähnchen im Wind hin- und hergerissen ist, dann braucht es mehr. 

Ich empfehle hier ein 2-monatiges intensives Einzelcoaching zu machen. Das ist eine sehr intensive Zeit mit wöchentlichen Coachings und ausreichend Pausen dazwischen, sodass man die einzelnen Sessions auch sacken lassen kann. Stark glaubensbehaftete Themen, die brauchen Wochen oder auch Monate, um sie nachhaltig aufzubrechen, so wie man auch sagt, dass es 60 Tage braucht um neue Gewohnheiten einzuspielen.

Was ist noch wichtig bei der Frage: Kinder, ja oder nein?

Bleibt bei euch selber. Das ist so eine große Lebensentscheidung. Das war auf jeden Fall ein Learning, was für mich ganz wichtig war. Bei sich selber bleiben, diese Frage nicht nach außen abgeben oder es auch nicht zuliebe von jemanden tun, sondern wirklich bei sich selber bleiben. Denn nur du kennst dich als Mensch selber am besten und weißt, was dir gut tut, du bist also die Expertin deines Lebens selbst.

Nora Wiehler, systemische Coachin

 

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