Ninmar Lahdo, bekannt als Nino, ist ein zertifizierter Resilienztrainer sowie Burnout- und Ernährungsberater. Er hat die Plattform Ruhoo® gegründet, auf der er Männern dabei hilft, Resilienz und innere Stärke zu entwickeln – besonders in schwierigen Lebensphasen wie nach einer Trennung. Sein ganzheitlicher Ansatz vereint psychologische Aspekte der Resilienz mit den physischen Komponenten von Ernährung, Fitness und Schlaf, um das Wohlbefinden auf allen Ebenen zu fördern. Mit seinem Buch „WIE MAN(N) TRENNUNGEN ÜBERWINDET & Kraft daraus schöpft“ möchte er Menschen unterstützen, gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Bei den FAIL IN LOVE NIGHTS teilte er in Frankfurt seine eigene Trennungsstory auf der Bühne. In diesem Interview gibt er Einblicke in seine Arbeit, teilt persönliche Erfahrungen und bietet praktische Tipps, um mit Stress und Liebeskummer besser umzugehen.
Warum bietest du vor allem für Männer Stressberatungen und Resilienztrainings an?
Nino: Meine Hauptzielgruppe sind Männer, die eine Trennung hinter sich haben, weil diese Situation mit extrem vielen Stressfaktoren einhergeht. Die emotionale Belastung ist oft enorm und zusätzlich kommen Themen wie eine veränderte Wohnsituation, finanzielle Probleme oder auch Fragen rund um Kinder hinzu. Viele Männer haben Schwierigkeiten, mit Emotionen und belastenden Gedanken umzugehen. Sie neigen dazu, diese zu verdrängen, was langfristig jedoch nicht funktioniert. Die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, ist ein zentraler Bestandteil der Stressbewältigung. Deshalb habe ich mich genau darauf spezialisiert.
Dass du bei diesem Thema deinen Fokus auf Männer legst, ist sehr wertvoll, weil da eine Riesenlücke klafft und viel Nachholbedarf besteht. Was heißt denn eigentlich Stressberatung und Resilienztraining genau – also was kann man sich darunter vorstellen?
Nino: Sowohl die Stressberatung als auch das Resilienztraining hat verschiedene Facetten. Zum einen geht es um akute Stressbewältigung – also Techniken, die schnell entlasten. Dazu gehören Atemübungen oder bewusst eingelegte mentale Pausen.
Der zweite, langfristige Aspekt ist die Resilienz. Das bedeutet, innere Stärke aufzubauen, indem man sich gesund mit Stress auseinandersetzt und sich vorbereitet fühlt auf unvorhergesehene Herausforderungen.
Ein weiterer Schwerpunkt sind kognitive Strategien. Unsere Gedanken beeinflussen uns mehr, als wir oft glauben. Viele Menschen nehmen sie als unumstößliche Wahrheit hin – was ein großer Irrtum ist. Ich helfe dabei, negative Denkmuster zu erkennen und zu durchbrechen.
Ein ebenso zentraler Punkt ist die emotionale Regulation: Emotionen zu verstehen, zu akzeptieren und bewusst zu verarbeiten. Viele Männer verdrängen sie lieber, aber Gefühle verschwinden nicht einfach. Werden sie nicht bearbeitet, brechen sie irgendwann unerwartet hervor – sei es durch einen Zusammenbruch oder plötzliche Traurigkeit.
Schließlich spielt die – oftmals unterschätzte und daher vernachlässigte – körperliche Ebene eine wichtige Rolle. Dazu gehören der bewusste Verzicht auf exzessiven Social-Media-Konsum oder andere Reize, die den Dopaminspiegel komplett durcheinanderbringen. Solche Gewohnheiten beeinflussen unser Wohlbefinden stärker, als wir oft merken. Ich arbeite mit meinen Klienten in all diesen Bereichen, passe die Schwerpunkte aber individuell an.
Das Besondere an dieser ganzheitlichen Herangehensweise ist, dass sie sich nicht nur positiv auf Stress und Liebeskummer auswirkt. Männer, die ihre Gedanken und Emotionen besser kontrollieren können, profitieren in nahezu allen Lebensbereichen. Diese innere Ruhe führt zu mehr Selbstkontrolle, Selbstbewusstsein und Charisma – Eigenschaften, die auch beruflich und in anderen zwischenmenschlichen Beziehungen von Vorteil sind.
Wie bist du zur Stressberatung und zum Resilienztraining gekommen?
Nino: Der Auslöser war meine eigene Trennungsgeschichte, die ich auch auf der FAIL IN LOVE NIGHTS-Bühne mit euch geteilt habe und die auf Lebensstory.com veröffentlicht worden ist – einer Plattform von Mattias und Mario, zwei großartigen Menschen mit einer wunderbaren Vision. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie tief so ein Einschnitt gehen kann und wie sehr er einen aus der Bahn werfen kann. Hätte ich nicht irgendwann die richtigen Schlüsse gezogen, wäre mein Weg vermutlich in eine sehr destruktive Richtung verlaufen. Wie viele andere Männer habe ich damals versucht, die schlechten Gefühle zu betäuben – mit Alkohol und anderen Ablenkungen.
Doch irgendwann kam der Moment, in dem ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe und mir gesagt habe: „So will ich nicht weitermachen. Ich muss und kann etwas verändern.“ Verantwortung für die eigene Situation zu übernehmen, ist der erste Schritt in Richtung eines selbstbestimmten Lebens. Eigenverantwortung ist von entscheidender Bedeutung. Viele Menschen neigen dazu, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich so in die Opferrolle zu begeben. Damit sagen sie im Grunde, dass sie nichts an ihrer Situation ändern können. Kurzfristig fühlt sich das vielleicht gut an, weil es keine Notwendigkeit zur Handlung gibt, aber langfristig verwehrt man sich so die Möglichkeit, das eigene Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten. Egal, in welcher Situation man steckt: Man kann immer etwas tun.
Ab diesem Punkt begann ich, mich intensiv mit Stressbewältigung und Resilienz auseinanderzusetzen, mein Buch zu schreiben und verschiedene Ausbildungen zu absolvieren. Dabei wurde mir immer klarer, dass Schmerz – so hart er auch sein mag – stets auch eine Chance zur Transformation in sich trägt. Heute helfe ich anderen Männern, aus ihrem „Trennungsloch“ herauszukommen und dieses Potenzial zu nutzen, um die beste Version ihrer selbst zu werden.
Mit welchen Themen kommen denn Klienten auf dich zu?
Nino: Der häufigste Grund ist tatsächlich eine Trennung, was auch der Schwerpunkt meiner Plattform ist. Dabei gibt es viele unterschiedliche Facetten: Manche Männer befinden sich in einer Art Pause- oder Abstandsphase, andere haben eine besonders schmerzhafte Trennung hinter sich und suchen nach Wegen, den Schmerz zu verarbeiten. Wieder andere beginnen, die Entscheidung zur Trennung zu hinterfragen, auch wenn sie anfangs klar und richtig schien. Besonders, wenn sie Schwierigkeiten haben, eine neue Partnerin zu finden, vermissen sie ihre Ex und geraten ins Grübeln, obwohl sie einst für sich erkannt hatten, dass es nicht gepasst hat.
Egal, ob jemand verlassen wurde oder selbst die Beziehung beendet hat – am Ende geht es immer darum, die emotionalen Folgen zu bewältigen. Vor allem Männer, die verlassen wurden, tun sich oft schwer damit, die Situation zu akzeptieren und mit den intensiven Gefühlen umzugehen.
Was sind denn deine Top-Tipps, wie man mit Stress, und da schließe ich Liebeskummer explizit ein, besser umgehen kann?
Nino: Eine sehr effektive Methode zur mentalen Entlastung ist das Gedankenmanagement – und alles, was man dafür braucht, sind zwei Blatt Papier. Auf das erste Blatt schreibt man alle Gedanken nieder, die im Kopf kreisen: Sorgen, Ängste oder selbstkritische Gedanken. Wichtig ist, sie ungefiltert aufzuschreiben. Dieser Schritt sorgt bereits für spürbare Entlastung, weil die Gedanken klarer werden und weniger überwältigend wirken, sobald sie auf dem Papier stehen. Vieles kommt auch mehrmals auf. Ein interessanter Nebeneffekt: Sobald man seine Aufmerksamkeit wie mit einer Taschenlampe auf diese Gedanken richtet, entsteht oft kurzzeitig Ruhe, als würden sie sich „ertappt“ fühlen – ein Phänomen, das man bewusst beobachten kann.
Das zweite Blatt dient dazu, gezielt mit diesen Gedanken zu arbeiten. Im nächsten Schritt nimmt man sich jeden Punkt vor und stellt drei entscheidende Fragen. Erstens: Ist dieser Gedanke wahr? Die meisten Gedanken erweisen sich als unzutreffend oder übertrieben und können direkt auf dem ersten Blatt durchgestrichen werden. Zweitens: Was kann ich tun, wenn er wahr ist? Ein stark vereinfachtes Beispiel: Wenn der Gedanke lautet „Ich werde nie wieder einen Job finden“, könnten Schritte wie „Bewerbung schreiben“ oder „Netzwerk erweitern“ helfen, diesen Gedanken zu entschärfen und den Kopf zu beruhigen. Drittens: Warum halte ich an diesem Gedanken fest, wenn er zwar wahr ist, ich aber nichts daran ändern kann? Oft sind diese Gedanken mit vergangenen Erlebnissen verbunden – etwa einer gescheiterten Beziehung oder einer verpassten Chance – die man akzeptieren muss, um voranzukommen. Das ist nicht immer einfach, doch auch dafür bin ich da, und allein die klare Identifikation dieser Gedanken kann bereits ein großer Schritt sein.
Durch diese Übung erkennt man schnell, wie viele Gedanken weder hilfreich noch lösungsorientiert oder schlicht und ergreifend Unsinn sind. Statt sich in endlosen Gedankenspiralen zu verlieren, gewinnt man die Kontrolle über sein Denken zurück, lenkt den Fokus auf das Wesentliche und findet konkrete Ansätze zur Problemlösung. Gleichzeitig wird der Kopf spürbar freier – ein kraftvolles Werkzeug für mehr mentale Klarheit.
Gedankenmanagement aktiv zu betreiben ist eher ein langfristiges Tool. Was kann ich bei einer akuten Stresssituation tun?
Nino: Eine besonders wirksame Methode ist die sogenannte 2:1-Atemtechnik: Dabei atmet man zweimal tief durch die Nase ein und einmal lang durch den Mund aus. Unsere Atmung ist oftmals sehr flach – ein Relikt aus Urzeiten, als wir in Gefahr leise und unauffällig bleiben mussten. Doch heute signalisiert diese Atemweise unserem Körper fälschlicherweise, dass wir in einer Gefahrensituation stecken. Mit tiefen, bewussten Atemzügen durchbrechen wir dieses Muster. Besonders diese Technik hilft, das Sauerstoff- und Kohlendioxidverhältnis im Körper zu regulieren und den Parasympathikus zu aktivieren, der für Ruhe und Entspannung zuständig ist. Dieses Prinzip greift übrigens auch beim Weinen, wenn der Körper unbewusst eine ähnliche Regulierung vornimmt. Diese Technik funktioniert sofort und ist leicht umzusetzen.